Vor sieben Jahren sagt Georg
Friedmann US-Truppenverlegungen ins Baltikum exakt voraus / USA haben
kein übergeordnetes Interesse an Frieden / Wir wollen nichts erreichen, sondern
verhindern / Demokratie und Menschrechte sind politische Rhetorik / EU schwächen / 2040 spielt Deutschland keine Rolle mehr
Geopolitische Analysen
und Projektionen von Zbigniew Brzezinski oder Georg Friedman erweisen sich als
erstaunlich zutreffend. So hat Brzezinski, der in Sachen Aussen- und Sicherheitspolitik von Jimmy Carter bis hin zu Barak Obama fünf US-Präsidenten beriet, die Serie von US-Invasionen
im Kuwait, Irak oder Lybien bereits exakt vorausgesagt. Präzise beschreibt auch der Gründer und bis vor kurzem Chef des privaten US-Geheimdienstes
Stratfor, Friedman, in seinem bereits 2010 erschienen Buch "Die nächsten Hundert Jahre" die geopolitische Zukunft. Seine Voraussage
im Blick auf das Baltikum ist gerade beklemmende Aktualität geworden.
Private Think Tanks steuern US-Aussen- und Sicherheitspolitik
Wer zwischen den
Zeilen liest, erkennt nicht nur, dass die Aussen- und Sicherheitspolitik der
USA zweifelsohne von privaten Think Tanks und Elitezirkeln wie dem Council on Foreign Relations (CFR) entwickelt und gesteuert wird,
sondern dass es aller politischen Rhetorik zum Trotz, bei US-Interventionen eben
gerade nicht um Demokratie, Freiheit oder Menschenrechte geht, sondern auf Kosten des Weltfriedens um den Erhalt
einer monopolaren Weltordnung faschistischer Prägung.
Friedman benennt
bereits vor sieben Jahren Regionen wie etwa den Nahen Osten, die heute durch USA-Interventionen paralyisert sind,
beschreibt wie durch die totale Überwachung der Seewege der internationale Handel kontrolliert wird,
erläutert die Funktion von US-finanzierten weltweiten Nichtregierungsorganisationen sowie die zivilisationsverachtende globale Gesamtstrategie
hinter den US-Allmachtphantasien: nämlich die gezielte Herstellung von Chaos in Feindstaaten.
US-Truppenverlagerungen ins Baltikum
sieben Jahre zuvor vorausgesagt
Für die deutsche Bevölkerung entscheidend ist aber, dass mit
den aktuellen US-Truppenverlagerungen in die baltischen Staaten ein Szenario, das Friedman
ebenfalls vor sieben Jahren mit Blick auf Osteuropa prognostizierte, in der Gegenwart angekommen ist.
Es ist einzig dem unerwarteten Ausgang der US-Wahlen und der Neudefinition der Kooperation
zwischen Russland und der Türkei nach dem Putsch-Versuch im letzten Sommer zu verdanken, dass weitere
seiner Szenarien so nicht mehr eintreten und die geopolitischen Karten neu gemischt werden. Sollte Friedman indes
mit der Prognose einer militärischen Konfrontation mit Russland um 2020 Recht behalten, dann steht die
Welt vor einem globalen Konflikt.
Die USA ist ein moralfreier, totalitärer Staat
Die
anschliessenden Zitate stammen aus seinem Buch und sind mit Seitenzahlen
gekennzeichnet, so dass jeder sich über deren Authentizität und
Kontext versichern kann. Friedman beschreibt die USA als einen moralfreien Staat
ohne politische Glaubwürdigkeit
bzw. Zuverlässigkeit
auf dem Weg in den Totalitarismus. Als einen Staat, der von sich selbst behauptet,
keine Freunde zu kennen, sondern nur Interessen zu besitzen.
Die USA sind eine kriegerische Nation. Statistisch
befanden sie sich 10 Prozent der Zeit ihres Bestehens im Krieg. In der zweiten
Hälfte
des 20. Jahrhunderts waren es 22 Prozent und seit dem Beginn des 21 Jahrhunderts
sind die USA permanent im Krieg. S. 39-40
Die fünf geopolitischen Imperative der USA S. 40-45
1.
Die komplette Domination Nordamerikas
durch die Armee der Vereinigten Staaten,
2.
Die Auslöschung jeglicher Bedrohung für die USA durch eine Macht
in der westlichen Hemisphäre,
3.
Die totale Kontrolle des maritimen Zugangs
zu den USA durch Seestreitkräfte,
die jeden Versuch einer Invasion vereiteln,
4.
Die
totale Kontrolle der Ozeane, um Unversehrtheit und Kontrolle über das internationale
Handelssystem zu garantieren,
5.
Die
Hinderung aller Nationen, die globale Seemacht der USA herauszufordern.
Die USA haben kein übergeordnetes Interesse an Frieden in Eurasien.
Ebenso wie in Korea oder Vietnam war der Grund dieser Konflikte einfach der, Mächte zu destabilisieren,
nicht Ordnung einzuführen. S. 45
Die USA wollten den Aufstieg einer europäischen Supermacht
verhindern. Interventionen waren nicht darauf ausgerichtet, etwas zu erreichen
- egal was die politische Rhetorik verlautbarte - sondern etwas zu verhindern.
Ziel war es eben nicht, zu stabilisieren, sondern zu destabilisieren. S. 46
Das 21. Jahrhundert wird für den Rest der Welt gefährlich. Die USA tendieren
dazu, dass es ihnen egal ist, wie sie ihre globale Macht ausspielen. Sie
besitzen Politiken, die anderen Staaten rücksichtslos erscheinen. Die Ergebnisse können für andere verheerend sein,
die USA aber gedeihen. S. 47
Durch die erste Intervention in Kuwait blockierten
die USA die Ambitionen des Iraks. In Jugoslawien ging es darum, Serbien daran
zu hindern, regionale Macht auf dem Balkan zu werden. Die Intervention in der
islamischen Welt verhinderte ein islamisches Imperium. S. 45
Eine islamische Welt im Chaos und unfähig sich zu einen, bedeutet,
dass die USA ihr strategisches Ziel erreicht hat. S. 49
Das Problem ist, dass allein die Existenz eines
geeinten Russlands eine signifikante Herausforderung für Europa darstellt. S. 101
Für
ein Land, das in den letzten beiden Jahrhunderten dreimal überfallen wurde, ist es nicht akzeptabel, anzunehmen, dass die NATO keine Bedrohung darstelle. Russland
kann mit einem neutralen Baltikum leben. Dagegen ist es ein Risiko, mit einer
baltischen Region zu leben, die Teil der NATO und den USA zugewandt ist. S. 114
Russland weiss, dass die NATO durch die Aufnahme
der baltischen Staaten nach Osteuropa systematisch ausgebaut wurde. Als die USA
begannen, die Ukraine für
die NATO zu rekrutieren, änderte
Russland seine Absichten. Wenn die Ukraine und das Baltikum in die Hände eines Feindes fielen,
etwa dadurch, dass sie der NATO beitreten, wäre Russland existenziell bedroht. S. 112
Die Russen betrachteten die Vorgänge in der Ukraine, als den
Versuch der USA, das Land in die NATO zu integrieren und so den Startschuss für den Zerfall Russlands zu
geben. Um ehrlich zu sein, in der russischen Wahrnehmung liegt ein Gutteil
Wahrheit. S. 70
2015 wird sich eine globale Konfrontation auf dem
Weg befinden und bis 2020 intensivieren. Keine Seite riskiert einen Krieg, sondern
sie manövrieren.
2020 wird die Konfrontation weltweites Thema sein. S. 117
Russlands Strategie ist es, Pufferzonen in
Osteuropa einzurichten und Nachbarn zu manipulieren, um so eine neue regionale
Machtbalance in Europa herzustellen. Russlands Aktionen werden aggressiv
ausschauen, während
sie eigentlich defensiver Natur sind. S. 105
Russland hat drei Werkzeuge, um das Baltikum zu
beeinflussen. Erstens verdeckte Operationen. In der Weise wie die USA überall auf der Welt
Nichtregierungsorganisationen finanzierten, wird Russland russische
Minderheiten im Baltikum finanzieren, ebenso wie alle pro-russischen Elemente,
die gekauft werden können.
Wenn die Balten mit der Unterdrückung
dieser Bewegungen beginnen, gibt dies den Russen den Vorwand, ihr zweites
Werkzeug einzusetzen - ökonomische
Sanktionen. Schliesslich wird Russland substanzielle militärische Präsenz nahe der Grenzen der Länder zeigen. S. 115
Russland wird die Slovakei und Bulgarien
destabilisieren. Diese Konfrontation wird entlang der gesamten Westgrenze
Russlands passieren. Russland will Osteuropa isolieren und die NATO aufbrechen.
Schlüsselfiguren
sind Deutschland und Frankreich, die beide keine Konfrontation wollen. S. 116
Da die baltischen Staaten in Gefahr sind, wird
eine kollektive Anstrengung mit Truppenpräsenz nötig sein. Einige Mitglieder der NATO werden dazu
nicht bereit sein, daher wird diese Aktion ausserhalb der NATO stattfinden. Die
NATO wird aufhören
in einer effizienten Weise zu funktionieren. S. 138
Egal, was der Rest Europas unternehmen wird, Polen,
die Tschechische Republik, Ungarn und Rumänien werden jeden Deal mit den USA machen, um Unterstützung zu bekommen. S. 119
Polen wird noch abhängiger von den USA. Für die USA ist dies eine
kostengünstige
Gelegenheit, die Russen nieder zu halten und die Europäische Union zu schwächen. S. 117
Eine Allianz osteuropäischer Staaten unter
Einschluss der baltischen Staaten sowie Ungarns oder Rumäniens und angeführt von Polen wird die Möglichkeit erkennen, alten
Grenzen wiederherzustellen, um vor Russland sicher zu sein. Gleichzeitig werden
sie sich gegen traditionelle westliche Feinde wie Deutschland schützen. S. 138
Für
Osteuropa ergibt sich aus dem Zusammenbruch Russlands die Notwendigkeit, eine
aggressive Aussenpolitik zu betreiben. Osteuropa wird die dynamischste Region
Europas. Da Russland ausgefallen ist, wird Polen nach Osten drängen, um Pufferzonen in der
Ukraine zu bilden. S. 149
Der Zusammenbruch Russlands um 2020 wird Eurasien
in ein Chaos stürzen.
Kontrollierten Oligarchen bei vorherigen Kollapsen Russlands Wirtschaft, so werden
nun regionale Führer
die Verantwortung übernehmen. S. 136
Aus Sicht der USA ist dies ein hervorragendes
Ergebnis. Der fünfte
globale Imperativ der USA war, dass keine Macht in der Lage sei, Eurasien zu
kontrollieren. Mit Russland im Chaos ist diese Möglichkeit weiter als jemals zuvor entfernt. S. 137
Bis 2020 ist die Türkei eine aufstrebende ökonomische und militärische Macht in einem Meer
aus Chaos. Während
der russisch-amerikanischen Konfrontation in den späten 2010-Jahren werden der
Nahe Osten und der Süden
der Türkei
durch Russland weiter destabilisiert. Auch die Balkanstaaten im Nordwesten der Türkei werden instabil. S. 145
Die Türkei hat kritische Bedeutung in der Konfrontation
mit Russland. Die Russen benötigen
Zugang zum Bosporus, um den USA auf dem Balkan zu begegnen. Die Tuerken wissen,
dass auf diese Weise ihre Autonomie bedroht wird. Sie werden daher zu ihrer
Allianz mit den USA stehen. S. 146
2030 wird die Türkei die USA als Gefahr für ihre Interessen bewerten. S. 147
2040 werden Deutschland und Frankreich keine Rolle mehr spielen. Problem für beide sind die USA. S. 151